Februar 2020: Mit 6 Mandaten hatte die Fraktion der Grünen nach der Wahl zwei Stadtratsposten zu besetzen. 1

Als Raumplanerin, mit 20 Jahren Berufserfahrung und Einblick in viele Gemeindethemen, übernahm ich das Amt der Stadträtin für Klima- und Umweltschutz, Landschaftspflege und -planung. Inzwischen ist noch der Bereich Energie dazu gekommen.

Von der politischen Arbeit hatte ich jedoch keine Ahnung und habe mich – mit Unterstützung der Mitarbeiter*innen des Rathauses – umso engagierter in die Thematik eingearbeitet: Was kann, was muss ich für meinen Ausschuss, den Stadtrat und den Gemeinderat vorbereiten? Welche Themen fallen in mein Ressort und wie kann ich meine Vorschläge einbringen?

All das ist heute Routine und die anfängliche Nervosität einer nüchternen Gelassenheit gewichen und der Erkenntnis, dass politische Mühlen sehr, sehr langsam mahlen.

Als Oppositions-Stadträtin muss ich an Themen besonders hartnäckig dran bleiben und natürlich faktenbasiert argumentieren, wenn ich den Ausschuss und anschließend den Stadt- und/ oder Gemeinderat überzeugen möchte.

Umso irritierender ist, dass die Vorgangsweise der Regierungsparteien dagegen teilweise intransparent und nicht nachvollziehbar ist: Zuständige Gremien, wie Ausschüsse und Verwaltung, werden in wichtige Entscheidungen nicht eingebunden: u.a. hat der Klima-Ausschuss erst aus der Tischvorlage zum Gemeinderat erfahren, dass Purkersdorf einer Klima- und Energiemodellregion mit Klosterneuburg beitritt. Wer die umfangreiche Arbeit in Purkersdorf übernimmt – wo die Personalressourcen in der Verwaltung bereits am Anschlag sind – wurde vorab ebenso wenig besprochen, wie die Frage, welche Ziele damit verfolgt werden und ob eine Region bis Klosterneuburg wirklich sinnvoll ist.

  • Manche Themen, die im Ausschuss bereits einstimmig beschlossen sind, werden danach im Stadt- oder Gemeinderat überraschend abgelehnt: geschehen u.a. mit der Waldschutzpetition im September 2020. 2

  • Statt vorausschauend zu agieren, wird teilweise erst im Nachhinein reagiert. Nicht alle Probleme sind vorhersehbar, aber dass das Wiener Parkpickerl Auswirkungen auf die Parkplatzsituation in Purkersdorf haben wird, war absehbar. Darum hat eine fraktionsübergreifende Parkraum-Gruppe, initiiert und geleitet von Reinhardt Seliger (NEOS) Vorschläge erarbeitet, die leider desinteressiert ignoriert wurden – mit den bekannten chaotischen Folgen für Anrainer*innen und Verwaltung.

  • Während es in anderen Gemeinden einen klaren Trend zu mehr Bevölkerungsbeteiligung gibt, hat diese im Zuge der Erarbeitung des neuen Örtlichen Raumordnungsprogrammes praktisch nicht stattgefunden. Eine einmalig ausgeschickte Ideenpostkarte mit einer sehr vagen Fragestellung hätte ein Anfang sein können, stellt aber wohl kaum einen ernst zu nehmenden Bevölkerungsbeteiligungsprozess dar. Unsere Stellungnahme zum Verfahrens- ablauf und zum Inhalt des neuen örtlichen Raumordnungsprogrammes findest du hier.

  • Und warum das Streamen der Gemeinderatssitzungen trotz Gemeinderatsbeschluss von den Regierungsparteien blockiert wird, ist mir sowieso ein Rätsel! Wir vertreten fast 10.000 Bürger*innen von Purkersdorf, wir beschließen Maßnahmen, die jedes Jahr mehrere Millionen Euro kosten und nicht zuletzt sitzen wir freiwillig im Gemeinderat. Daher bin ich überzeugt, dass die Purkersdorfer*innen das Recht haben, dass wir unsere Entschei- dungen möglichst transparent und mit zeitgemäßen Medien transportieren!

Und trotzdem – oder gerade deshalb – denke ich, dass über Politik schimpfen zu wenig ist, dass es sinnvoll ist, sich konstruktiv und fokussiert für wichtige Themen einzusetzen. Den Rückhalt bekomme ich immer wieder in unserem kleinen aber starken Team, das mit viel Humor und Engagement bei der Sache ist.

 

1 Anders als in der Bundespolitik, wo die Ministerposten den Regierungsparteien vorbehalten sind, werden Stadträte auf Gemeindeebene – mandatsabhängig – auch auf die Oppositionsparteien aufgeteilt. Die Ressortaufteilung erfolgt durch die Regierungsparteien.

2 Auch in den einzelnen Ausschüssen haben die Regierungsparteien natürlich die Mehrheit, was nur den Schluss zulässt, dass die Mitglieder der SP/VP-Regierung nicht ausreichend miteinander kommunizieren.

 

Datum: 29/08/2022